Russische Politiker sind überzeugt: Die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright wollte Russland Sibirien absprechen. Die mutmaßliche Äußerung ist aber nie gefallen. Geschichte einer Legende.

Glaubt man Nikolai Patruschew, dem Chef des russischen Sicherheitsrates, gibt es für Russland momentan zwei große Bedrohungen: der internationale Terrorismus und so genannte „Farbrevolutionen“. Letztere natürlich von den USA angezettelt. So sei es auch in der Ukraine gewesen. Dort habe Washington den Umsturz in die Wege geleitet und damit den Konflikt initiiert.Davon erzählte Patruschew ausführlich der russischen Zeitung „Kommersant“. Washingtons eigentliches Ziel sei aber nicht die Ukraine selbst, sondern Russland gewesen. „Sie wünschen sich, dass Russland nicht mehr als Land existiert“, sagte der Sicherheitsratschef. Weshalb? „Weil wir über einen enormen Reichtum an Rohstoffen verfügen. Und die Amerikaner sind der Meinung, dass wir sie unrechtmäßig und unverdient besitzen“, erklärte er. Das klang ein bisschen nach Verschwörungstheorie. Um seinen Gedanken zu untermauern, fuhr der Sicherheitsratschef fort: „Sie erinnern sich bestimmt an den Satz der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright, die sagte, Russland gehöre weder Sibirien noch der Ferne Osten.“

Der Satz ist inzwischen in Russland berühmt – obwohl er so nie gefallen ist. Es gibt keine Beweise, keine Aufnahmen, dass Albright jemals einen solchen Satz gesagt hat. Sie selbst dementierte immer wieder, sich über russische Rohstoffe geäußert zu haben. Keine Quelle verweist auf das Originalzitat. Doch in Russland ist daraus ein Mythos geworden, der gern von der Propaganda benutzt wird, denn eine Bedrohung von außen schweißt die Nation zusammen. Aber auch einflussreiche Politiker wie Patruschew wiederholen die vermeintliche Aussage gern. Sie ist einfach zu schön, um nicht fest daran zu glauben.

Wie entstand diese Legende? Im Februar 2005 hat sich der russische Filmregisseur Nikita Michalkow in einem Zeitungsinterview darauf berufen, ohne die Quelle zu nennen. In manchen russischen Internetforen schreibt man, Albright habe sich so im Interview in der russischen Fernsehsendung „Postskriptum“ 2005 geäußert. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass die Politikerin solche Worte ausgerechnet im russischen Fernsehen sagt – das wäre ein Affront. Und tatsächlich hat sie der besagten Sendung nie ein Interview gegeben. Aber der Moderator der Sendung, Alexei Puschkow, der jetzt den Außenausschuss der russischen Staatsduma leitet, erwähnte vor zehn Jahren den Satz, den Albright angeblich gesagt haben soll.

Die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright und der russische Präsident Wladimir Putin trafen sich im Jahr 2000 im Kreml

Madeleine Albright wird immer wieder zitiert

Ein Jahr später erschien in der russischen Presse ein weiterer Beweis für die angebliche Russlandfeindlichkeit von Albright. Boris Ratnikow, ein ehemaliger General aus dem Sicherheitsdienst des ersten russischen Präsidenten Boris Jelzin, hat ihn erbracht. Im Interview mit der Regierungszeitung „Rossijskaja Gaseta“ erzählte er 2006 über große Fortschritte der russischen Geheimdienste im paranormalen Bereich. Sie könnten aus der Ferne Gedanken von westlichen Politikern lesen.

Kurz vor den Luftangriffen auf das damalige Jugoslawien im Jahr 1999 habe man eine Verbindung zum Unterbewusstsein der US-Außenministerin hergestellt. „In den Gedanken von Madame Albright fanden wir einen pathologischen Hass gegenüber den Slawen“, sagte Ratnikow. „Sie empörte sich darüber, dass Russland über die größten Rohstoffvorräte der Welt verfügt. Sie glaubte, dass in Zukunft über die russischen Vorräte nicht ein Land, sondern die ganze Menschheit verfügen sollte – natürlich unter der US-Aufsicht.“ Später erzählte er, dass die Verbindung zum Unterbewusstsein anhand einer Fotografie der jeweiligen Person erfolgt war.

Diese Legende passte sehr gut zu den Vorstellungen, dass Russland ständig vom Westen bedroht werde. Madeleine Albright wurde immer wieder im Fernsehen oder in Zeitungen erwähnt. 2007 wurde der russische Präsident Wladimir Putin bei einer Bürgerfragestunde gefragt, was er über Albrights angeblichen Satz denkt. Putin antwortete, er kenne zwar die Aussage nicht, doch wisse er, „dass sich solche Gedanken in den Köpfen einiger Politikern wälzen“. Das sei „politische Erotik“. Daraufhin hat sich die Heldin der Legende selbst zu dem Fall geäußert und erklärt, diese Worte seien nie aus ihrem Mund gekommen.

Doch für die russische politische Elite, die offenbar Gedanken lesen kann, spielte es keine Rolle mehr. Der Satz verselbstständigte sich, entwickelte eine Eigendynamik und wurde immer wieder als „Beweis“ für eine „antirussische Verschwörung“ zitiert. Ende des vergangenen Jahres hatte sich Putin bei seiner Jahrespressekonferenz erneut darauf berufen. „Wir haben mehrmals von halboffiziellen US-Vertretern gehört, es sei ungerecht, dass Sibirien mit den ganzen Rohstoffen Russland alleine gehört“, sagte der Präsident.

Daraus formte sich sein Bild von Russland als einen Bären in der Taiga, der seinen Wald vor den Feinden schützen muss. Die Feinde würden dem Bären gerne Zähne und Krallen – also Atomraketen – ausreißen und ihm seinen Wald wegnehmen. Das klingt wie ein Horrormärchen. Und die Angst ist im heutigen Russland ein wirksames politisches Instrument.

Über welche natürlichen Ressourcen verfügt Russland? (Infografik)

Allein Russlands Süßwasserreserven würden ausreichen, um die ganze Welt zehn Jahre lang mit Trinkwasser zu versorgen. Und es ist bei weitem nicht der einzige natürliche Reichtum des riesigen Landes.

 

Madeleine Albright: Tod von 500.000 irakischen Kindern „lohnt sich“

„Wir haben gehört, dass eine halbe Million Kinder starben. Ich meine, das sind mehr Kinder als in Hiroshima gestorben sind“, sagte Stahl. Und ist es den Preis wert?

„Ich denke, es ist eine sehr schwierige Entscheidung“, antwortete Albright. aber der Preis „lohnte sich“„.

Von Morpheus

Ein Gedanke zu „Der Westen: „Es ist ungerecht, dass Sibirien mit den ganzen Rohstoffen Russland alleine gehört“. Putin nannte diesen feuchten Traum „politische Erotik““
  1. Irgendwie ist es schon ein klein wenig ungerecht, ABER es ist eine Tatsache, an der es Nichts zu rütteln gibt.
    Was ist heute in dieser Welt noch gerecht?
    Russland teilt mit jeder Nation zu sehr günstigen Koditionen, wenn es gewünscht wird.
    Aber die USA drohen der EU mit Vernichtung, falls sie den kriminellen Interessen der USA nicht bedingungslos folge leisten.
    Ohne USA wäre die Welt viel besser dran.

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